Giorni di sangue

Zufälligerweise ist heute der kürzeste Tag im Jahr. Das sind gut und gerne mal 8 Stunden Unterschied zum längsten Tag im Jahr, dem 21. Juni, wo viel mehr Licht vorhanden ist. Heute, am 21. Dezember, stellt es glücklicherweise eine Kehrtwende dar, und ab jetzt gibt es jeden Tag wieder etwas mehr Licht und Sonne.

Die „blutigen Tage“, die der Titel dieses Beitrags trägt, haben aber nichts mit dem heutigen Tag zu tun, den ich nur aus aktuellem Anlass erwähne. Ich war seit Juli nicht mehr sehr aktiv hier im Blog. Der Grund sind eben, wie ich es nenne, die „blutigen Tage“, die ich um den 4. Juli aus fast heiterem Himmel erfahren habe.

Ich muss dafür auch etwas zu mir selbst erklären, damit man es vielleicht besser verstehen kann. Ich bin Depressionen und den „Blues“ in knapp 50 Jahren Leben immer mehr gewohnt geworden. Doch dieses Ereignis der „blutigen Tage“ hat mich auf eine neue Ebene gebracht.

Ich habe mich eigentlich überhaupt nicht depressiv gefühlt und war stolz darauf, dass ich ohne Medikamente meinen „schwarzen Hund“ einigermaßen gut im Griff hatte. Doch ich wurde eines Besseren belehrt.

Zwei, drei harte Schläge vom Leben, und ohne dass es mir wirklich klar wurde, habe ich die Grenze des Ertragbaren erreicht. Meine Energie war am Ende.

Wie merkt man das, wenn seine Energie am Ende ist? Das kann man sich vielleicht fragen. Gerne schreibe ich, wie es bei mir ist. Langsam und schleichend kommen über einen längeren Zeitraum immer mehr und mehr schlechte Gefühle hoch. Irgendwann hat man morgens so schlechte Gefühle, dass man gar keine Lust hat, aufzustehen. Der nächste Schritt ist dann: Es kommen wieder Selbstmordgedanken auf, und die Spirale nach unten geht Schritt für Schritt weiter, bis eine Linie erreicht wird – und da können eben „blutige Tage“ ausgelöst werden oder noch Schlimmeres.

Gut, meine „blutigen Tage“ waren schlimm genug, und ich möchte Sie als Leser jetzt nicht länger auf die Folter spannen: Was ist passiert?

Ich hatte eine Hiobsbotschaft erhalten. Das ist aber sehr subjektiv und hängt auch mit der Energie zusammen, die man noch hat, wie groß diese Botschaft wiegt. Aber als sie da war, habe ich mein Handy ausgeschaltet und gesagt: Es reicht, ich will nicht mehr, ich habe genug und mache jetzt Schluss.

Ich habe angefangen zu planen, wie ich mir am besten die Pulsadern durchtrennen kann, um zu verbluten und so diese unglaublich schwere, böse Welt einfach hinter mir zu lassen und in meine wahre Heimat zurückzukehren. In meiner kindlichen Vorstellung dachte ich, dass ich nach etwas Blutverlust wohl langsam dahinschwinden würde, meinen Körper verlassen und heimkehren könnte.

Ich bin dann in ein Geschäft gefahren und habe mir ein gutes Messer, fast wie ein Skalpell, im Baumarkt besorgt. Zurück in meiner Garage habe ich mein Auto rückwärts eingeparkt, noch ein Vaterunser gebetet, mich bei Gott entschuldigt, dass ich die Aufgabe des Lebens nicht zu Ende bringen kann, und dann ging es los.

Es war nicht mein erster Selbstmordversuch. Ich wusste deswegen schon genug, dass man nicht quer und einfach so drauflosschneiden sollte. Das macht man eher, wenn man unter Alkoholeinfluss steht oder es das erste Mal versucht und nicht genau versteht, wie die Anatomie der Arme und Hände ist.

So habe ich gezielt angefangen, über der Pulsader, wo man manchmal auch den Puls sieht, ein Loch aufzuschneiden, um richtig ins Bluten zu kommen.

Ganz behutsam bin ich immer tiefer und tiefer gegangen und habe es geschafft, die Hauptpulsader an der Hand richtig zu treffen. Das Blut spritzte jetzt nicht, wie man es sich vielleicht aus Filmen vorstellt, aber es fing an, sehr gut zu bluten.

Ich hatte richtig Freude. Ich war der Meinung, mein Plan würde aufgehen, und wenn nur genug Blut abgeflossen wäre, könnte ich meinen Körper verlassen und Richtung Heimat entschwinden.

An dieser Stelle trennte sich aber meine kindliche, falsche Vorstellung von der Realität, und alles kam erstens anders und zweitens, als man denkt.

Ich wurde mehrfach bewusstlos und kam wieder zu mir. Der Körper ist nicht für Selbstmord gemacht. Er versucht alles, um ein Leben zu retten, auch wenn man es darauf anlegt. Die Pulsader fängt an, sich zurückzuziehen, und die Blutung stoppte von alleine.

Ich war in einer Blockade: Zu wenig Blut verloren, um zu sterben, aber zu viel, um einfach weiterzumachen. Ein Leiden setzte ein, und ich konnte weder vor noch zurück.

Ich habe mich an die schlechteste Position gebracht, in der ich je war, und musste eine Entscheidung treffen: lange leiden – ohne zu wissen, wie lange – oder sofort Hilfe suchen, um aus dieser fürchterlichen Situation wieder herauszukommen.

Ich saß auf dem Fahrersitz meines Autos in der Garage mit geschlossener Tür und dachte, ich wäre ungestört. Doch dann habe ich mit letzter Kraft die Automatik der Garagentür geöffnet, den Wagen gestartet und bin zum Parkplatz des Arztes gefahren, der mir hätte helfen können.

Bis zum Parkplatz habe ich es geschafft. Aber als ich ausstieg, um zehn Meter zur Praxis zu gehen, brach ich kraftlos zusammen und lag auf dem Boden. Relativ schnell wurde ich von jemandem gesehen, der umgehend den Notdienst rief.

Ich war zwar nicht bewusstlos, aber ich konnte mich kaum bewegen. Ich wurde in die Ambulanz geladen und kurz darauf mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen.

Die Blutung war zu diesem Zeitpunkt bereits gestoppt. Doch von der Entscheidung, Hilfe zu suchen, war ich zwar kraftlos, aber voll bei Verstand.

Im Spital angekommen, musste ich natürlich 15 Mal alles erzählen. Danach wurde ich operiert, und man sagte mir, dass, auch wenn die Blutung gestoppt war, man alles richtig zusammenheften müsse.

Ich erinnere mich noch, als mir der Arzt nach der Operation sagte, es sei alles gut gegangen. Ich bedankte mich bei ihm und sagte: „Ich denke, mein Arm ist wahrscheinlich mein kleinstes Problem.“ Man kann die Probleme, vor allem schwere Depressionen, weder mit Messern wegschneiden noch mit starken Medikamenten lösen.

Ich wurde dann gefragt, was ich mir so vorstelle. Da ich familiär als jemand bekannt war, der mit Depressionen und erblichen Belastungen kämpft, hatte ich bis dato noch nie eine Psychotherapie gemacht. Die Hilfe, die ich bisher erhalten hatte, beschränkte sich auf ein Paket Antidepressiva – und das war es. Ich sagte den Leuten im Spital, dass dies nun das Extrem war und ich wirklich Hilfe von Spezialisten brauche.

Freundlicherweise suchten sie mir noch am gleichen Tag einen Platz auf einer geschlossenen Psychiatrie, und ich wurde mit der Ambulanz dorthin gebracht, ohne zu wissen, was mich dort erwarten würde.

So habe ich es mit knapp über 50 Jahren dorthin geschafft, wo der Film Einer flog über das Kuckucksnest gedreht worden war. Tatsächlich war ich eine Woche auf der geschlossenen Station und eine Woche auf der offenen Station, doch oft kam es mir genau so vor wie in diesem Film. Die Leute, die ich fragte, kannten diesen berühmten Film jedoch nicht. Wahrscheinlich war mein Sarkasmus etwas zu viel – aber meinen Humor habe ich nicht verloren.

In den ersten Gesprächen stellte sich relativ schnell heraus, dass die Spezialisten vor allem wissen wollten, ob ich mir noch etwas antun würde und was ich plane zu tun. Ich konnte klarstellen, dass das Thema Selbstmord für mich kein Thema mehr ist. Diese „blutigen Tage“ waren mir eine große Lehre und haben mich, was Selbstmord betrifft, ein wenig zur Genesung gebracht. Doch die Depressionen blieben, und ich konnte mit dem Arzt eine medikamentöse Therapie vereinbaren, auf die ich mich dann auch eingelassen habe.

Instinktiv habe ich dann das Richtige gemacht. Ich hatte extreme Ängste und wusste eigentlich nicht, wie es weitergehen sollte, habe aber brav mitgemacht und alles geschluckt, was mir gegeben wurde. Glücklicherweise kenne ich ein Antidepressivum, das bei mir funktioniert, aber ich wusste auch, dass es Geduld braucht und erst nach zwei Wochen seine Wirkung zeigt. Sie wollten mir auch Angsthemmer geben. Da war ich jedoch schlau genug, obwohl ich fast täglich in die Hosen gemacht habe, keine so starken Medikamente zu nehmen. Mir ist bewusst, dass genau diese süchtig machen können, und dann kann man von der Depression schnell zum Abhängigen wechseln. Mein Wunsch, keine Beruhigungstabletten zu nehmen, wurde akzeptiert, und so ging es nun darum zu warten und zu hoffen, dass die Antidepressiva ihre Wirkung entfalten konnten.

Ich habe das ja schon mehrmals erlebt, und immer noch hat man Angst, es funktioniert nicht. Ich bin auch freiwillig dort gelandet. Ist man vielleicht gewalttätig oder völlig außer Kontrolle, muss man dann das starke Zeug nehmen, bis man sich beruhigt oder abhängig wird. Diese Abhängigkeit muss man dann später in einer Therapie wieder loswerden. Aber dann dauert der stationäre Aufenthalt nicht zwei Wochen wie bei mir, sondern viele Wochen oder sogar Monate. Manchmal kommen die Betroffenen nicht mehr aus der Sucht und den Problemen heraus.

Glücklicherweise hatte ich Gott. Und obwohl ich mich sehr falsch verhalten habe, spürte ich, dass Er da ist und ich mir keine allzu großen Sorgen machen sollte. Ich habe auch vorher gebetet und war immer im Glauben mit Ihm in Kontakt. Aber diese Krankheit, wie ich heute weiß, ist stark und erfordert Hilfe von außen.

Wenn ich eines in den heftigsten Phasen und in meinem Leben mit Gott gelernt habe: Antidepressiva wurden von Menschen gemacht, um Menschen wie mir sehr zu helfen.

Dankbar dafür, habe ich mir zur Aufgabe gemacht, dieses Medikament nie mehr abzusetzen.

Das war der größte Fehler meines Lebens. Dabei war ich auch nie gut beraten. Nachträglich erinnere ich mich ganz klar, dass ich einmal in eine Kirche ging und Gott um Hilfe bat. Es ist Jahre her, und ich dachte noch: „Jetzt passiert hoffentlich etwas.“ Doch ich verließ diese Kirche und war eigentlich enttäuscht.

Drei Monate später wurde mir bewusst, dass ich nach dieser Übung eigentlich die Entscheidung getroffen hatte, einen Arzt aufzusuchen und mir helfen zu lassen.

Da bin ich das erste Mal mit Antidepressiva in Kontakt gekommen und hätte eigentlich dabei bleiben sollen. Aber immer wieder das gleiche Spiel: Es ging mir dann relativ schnell besser, und irgendwann hatte ich das Gefühl, ich brauche diese Medikamente nicht mehr. Nach ein paar Monaten ging das Ganze wieder von vorne los: Wieder tief in den Keller voller Angst und Sorgen und dann warten, bis die Medikamente wirken. Ich glaube, bis zu meinen blutigen Tagen war das drei- oder viermal so.

Dieses Ereignis, so schlecht und falsch es auch war, hat mir endlich das gebracht, was ich lernen musste. Hat jemand Diabetes Typ 1, diskutiert niemand darüber, ob man Insulin spritzen sollte oder nicht. Entweder nimmt man es, oder man stirbt an einer Überzuckerung im Blut. Bei Diabetes geht das sehr schnell, darum nimmt man es sofort wahr und muss reagieren, wenn man weiterleben möchte. Mit meiner Art von Depressionen ist das eigentlich genau dasselbe, nur dass es schleichend und viel langsamer passiert, aber letztlich mit demselben Ergebnis.

Wie viele Menschen verlieren so ihr Leben, ohne dass ihnen bewusst ist, dass es eine heimtückische Krankheit ist.

Intuitiv, als das mit den blutigen Tagen passierte, war innerlich etwas, das mir sagte: Das muss alles so sein, wie es ist.

Das ist kaum zu verstehen, aber ich hatte wirklich den Eindruck. Heute weiß ich auch, ich habe es vorher nicht lernen wollen, wie wichtig Antidepressiva sind. So musste ich es auf die harte Tour lernen.

Wer nun denken mag, man müsse sich sein Leben lang zudröhnen, liegt falsch. Mir reicht von einem Wirkstoff die minimalste Dosis, und ich bin stabil und weit weg von dieser Krankheit.

Ich sehe es heute als wichtig, Menschen zu sagen, dass Antidepressiva, richtig eingesetzt, ein Geschenk des Himmels sind. Und auch der Himmel ist natürlich noch wichtiger. Es braucht beides, und man darf das nicht mit starken Medikamenten verwechseln, die tatsächlich gefährlich sind.

Ich möchte auch noch kurz erwähnen: Es gibt nicht die Glückspille, die alles gut macht. Es ist mehr eine Stütze. Aber wenn man nicht anfängt, im Gebet Gott Dankbarkeit für alles zu zeigen, wird es auch das Antidepressivum nicht schaffen. Ich denke, der Weg ist, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass jemand bis hierhin gelesen hat. Aber falls doch, hoffe ich, dass der Inhalt Ihnen etwas geholfen oder Ihre Perspektive so weit verändert hat, dass Sie besser vorankommen.

Haben Sie Fragen zu diesem schwierigen Thema, schreiben Sie mir einfach eine E-Mail. Ich würde mich freuen und wünsche Ihnen eine gesunde und angenehme Zeit.

Mögen keine blutigen Tage je mehr kommen.

Und hoffentlich habe ich ab jetzt wieder mehr Lust, in meinem Blog zu schreiben. Wir werden sehen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Damian Maxson
am 21. Dezember 2024
Grächen, Schweiz

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